American Dreams | American Realities

WINTER 2012/13
FILMREIHE

LESARTEN VON GROSSSTADT IM AMERIKANISCHEN KINO

Eine Filmreihe in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Städtebau und Regionalplanung

im Wintersemester 2012/2013 / Dienstags / 19.30 UHR / RAUM 3350

Hosts: Max Ott und Roman Leonhartsberger

 

 „We've all been raised on television to believe that one day we'd all be millionaires, and movie gods, and rock stars. But we won't.“ (Fight Club / Regie: David Fincher / USA 1999)

 

AMERICAN CENTURY

Die nahenden amerikanischen Präsidentschaftswahlen im November scheinen hierzulande nicht mehr die überwältigende Aufmerksamkeit zu bekommen, die sie einst für sich beanspruchen durften. Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise ist Europa vor allem mit sich selbst beschäftigt und wenn es um die große Politik geht, blickt man heute mehr denn je Richtung Asien, vor allem nach China. Währenddessen befinden sich auch die USA in einer umfassenden strukturellen Krise. Stagnation und Rezession sind in nahezu allen Sektoren gesellschaftlichen Lebens schon seit längerem deutlich erkennbar, betreffen dabei auch die vormalige Hegemonialstellung Nordame-rikas und deuten eine Verunsicherung hinsichtlich seiner Selbst- und Außenwahrnehmung an.

Um in Bildern zu sprechen: wahrscheinlich erleben wir die Abenddämmerung einer politischen, ökonomischen und kulturellen Dominanz globaler Dimension, die die Geschichte im 20. Jahrhundert so geprägt hat, dass dafür häufig von einem “amerikanischen Jahrhundert“ gesprochen wurde.

 

AMERICAN DREAMS / AMERICAN REALITIES

Kaum ein Medium hat über Dekaden hinweg unsere Vorstellungen von urbaner Kultur in Amerika so sehr geprägt wie der Film. Die Strukturierung der Wahrnehmung durch die Bildwelten der Filmindustrie Hollywoods vollzieht sich dabei meist in zweifacher Hinsicht und wirkt oft so stark, dass sie wechselseitigen Charakter entwickeln kann.

Das berühmte Wort von der „Traumfabrik“ Hollywood verweist auf eine stete Produktion und Ver-mittlung von Fiktionen einer Gesellschaft, deren Klebstoff – wie in kaum einem anderen Land – der Glaube „an den Mythos von der Erfüllbarkeit der Wünsche“ (David Brooks) zu sein scheint. Während es einerseits also um Traumwelten geht, spiegeln die meisten Filme immer auch ein gutes Stück amerikanischer Lebenswirklichkeit. Wenn mit Godard der Film „Wahrheit 24 mal in der Sekunde“ (aus Le Petit Soldat) ist, so transportiert er – bis auf wenige Ausnahmen – immer auch reale Verfasstheiten mentaler, physischer und sozialer Räume.

Bilder noch so alltäglicher Orte in den Städten der USA können sich durch ihre Darstellung in Verbindung mit einem starken filmischen Narrativ tief im Bewusstsein des „fremden“ Rezipienten ablagern und dabei nahezu mythischen Charakter entwickeln. Dadurch kann ein immer wieder bemerkenswerter Effekt eintreten: Das Medium Film wirkt auf unsere Wahrnehmung von Wirklichkeit so zurück, dass wir, sollten wir uns etwa zum ersten Mal tatsächlich in Räumen aufhalten, die wir bislang nur filmisch repräsentiert kannten, diese Räume „durch die Augen“ der gesehenen Filme betrachten oder „wiedererkennen“. Diese Dialektik gilt für die atmosphärische Einzigartigkeit der Hügelstadt von San Francisco oder einer Straßenschlucht in Midtown Manhattan genauso, wie für die austauschbare Mall mit Riesenparkplatz einer beliebigen Suburbia, ein Motel oder einen namenlosen Diner.

Weil uns interessiert, wie Stadt erzählt, aufgeführt und in Szene gesetzt wird, welche Bühnen sie also Geschichten und Geschehnissen bereitet, zeigen wir Filme zur amerikanischen Großstadt.

 

AMERICAN CITY MOVIES

Mit unserer Filmreihe verfolgen wir kein offensichtliches didaktisches Konzept. Gezeigt werden im Laufe des Semesters 12 Filme, die in den Räumen urbaner Agglomerationen der USA spielen und dabei explizite, beiläufige oder unterschwellige Lesarten von Großstadt liefern oder eröffnen. Der Ablauf unserer Filmreihe wird keinem „klassischen“ Konzept von Reihung - sei es chronologisch, geografisch oder thematisch - folgen, sondern setzt auf eine kaleidoskopartige Auseinandersetzung im Sinne „freier Assoziation“. Dabei steht jeder Film einerseits für sich alleine, ließe sich aber dennoch thematisch einbetten und zu anderen filmischen Interpretationen von Stadt in Konstellation bringen. Alle Lesarten existieren letztlich gleichzeitig, lagern sich dauerhaft ab und sind alle irgendwie „wahr“.

Wir formulieren kein „Lernziel“ und werden weder ECTS noch SWS anbieten, dafür aber auch keine Anwesenheiten überprüfen oder Leistungsnachweise einfordern. Wir wissen selbst nicht genau, wohin unsere Reise in das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ führt und wo sie endet, freuen uns aber auf eure Teilnahme und das Sprechen über das Gesehene.

 

Termine:

Film 1:  23. 10. 2012 - Woody Allens Manhattan

Film 2:  30. 10. 2012 - Spike Lees Do The Right Thing

Dienstag, 6. 11. keine Vorführung

Film 3:  13. 11. 2012 - Peter Yates' Bullitt

Film 4:  20. 11. 2012 - Sam Mendes American Beauty

Film 5:  27. 11. 2012  - Mike Figgis' Leaving Las Vegas

Film 6:  4. 12. 2012  - Michael Manns Heat

Film 7:  11. 12. 2012  - Godfrey Reggios Kooyanisqatsi

Film 8:  18. 12. 2012  - Sidney Lumets Serpico

Film 9:  8. 1. 2013  - David Lynchs Mulholland Drive

Film 10:  15. 1. 2013  - Curtis Hansons 8 Mile

Film 11:  22. 1. 2013 - Wayne Wangs Smoke

Film 12:  29. 1. 2013 - Ridley Scotts Blade Runner

 

Beim letzten Termin wird ein Souvenir verlost.

 

Kein Lehrformat, keine Prüfung, keine SWS, keine Credits.

Der Film wird jeweils im Vorfeld bekanntgegeben, für die Aufnahme in die Mailinglist bitte eine Email an:

roman.leonhartsberger@tum.de