City.Sphere

Stadt als Lebensraum – city + (bio)sphere

In der urbanen Realität laufen brennpunktartig einige der wichtigsten Konflikte und Widersprüche unserer Zeit zusammen. Mit ihrem wachsenden Flächen- und Ressourcenverbrauch trägt die Stadt zur Verschärfung der Klima- und Biodiversitätskrise bei. Gleichzeitig wird der Stadt eine zentrale Rolle in der Suche nach Auswegen aus der Krise zugewiesen. Konzepte wie die Schwammstadt, Fassaden- und Dachbegrünung gegen den Wärmeinseleffekt, Ausgleichsflächen und Blühwiesen sollen die Stadt für die Zukunft rüsten und erkennen Pflanzen, bestäubende Insekten, Vögel und andere Tiere als wichtige Akteure an.

Bereits heute finden immer mehr Pflanzen und Tiere hier bessere Lebensbedingungen als auf dem Land. Spechte, die sich in wärmegedämmten Gebäudefassaden einnisten, Waschbären, die ihre biologische Uhr an den Fahrplan von Bussen anpassen, und entflogene Papageien, die sich in unseren Städten heimisch fühlen, bringen die Vorstellung ins Wanken, dass Menschen die einzigen Stadtbewohner sind. Die urbane Realität zeigt, dass es keine klare Trennung zwischen Stadt und Land und zwischen Kultur und Natur gibt. Im Zeitalter von Artensterben und Erderwärmung wird der Mensch nicht mehr als eigenständig und unverwundbar diskutiert, sondern als verstrickt und anfällig (Ursula K. Heise).

Im Ringen um die zukunftsfähige Stadt rücken die Beziehungsgeflechte und wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen dem Menschen und seiner sich verändernden Umwelt in den Fokus. Wurde die Stadt einst autogerecht geplant, und später im Sinne des Human-Centered Design umgestaltet, stellt sich heute die Frage, inwieweit Stadt in Zukunft auch artengerecht gestaltet sein sollte?

Mit dem Semesterthema City.Sphere erforschen wir die Stadt als Lebensraum von Menschen und nichtmenschlichen Spezies. Wie nehmen wir Tiere und Pflanzen in der Stadt wahr? Wie verändert sich unser Blick auf die Stadt, wenn wir sie als Stadtbewohner einbeziehen? Welche Chancen, aber auch welche Konflikte gehen aus der Kohabitation hervor? Wie können wir mit künstlerisch-gestalterischen Methoden andere Perspektiven einnehmen und für bestehende und neue Formen des Zusammenlebens sensibilisieren? Wie können wir unsere Beziehungen zu nichtmenschlichen Spezies jenseits von Ausbeutung, Verdrängung und Kontrollanspruch gestalten und Beziehungen stiften, die für alle gleichermaßen förderlich sind?

Mit dem Thema City.Sphere schließt der Lehrstuhl für Bildende Kunst an aktuelle Diskurse in den Wissenschaften (u.a. Multispecies Ethnography, Posthumanismus, politische Ökologie) und zeitgenössische Positionen in Kunst, Design, Architektur und Landschaftsgestaltung an, die die wechselseitigen Beziehungen zwischen dem Menschen und seiner sich verändernden Umwelt adressieren und Strategien entwickeln, die darauf zielen, die Resilienz von Städten gegenüber den Herausforderungen der Klima- und Biodiversitätskrise zu stärken.

Das Thema ermöglicht verschiedene künstlerische und gestalterische Zugänge zur Stadt als Lebensraum, u.a. spekulativ, diskursiv, partizipativ, intervenierend, skulptural, multimedial, usw.

Wir laden dazu ein, die Stadt mit allen Sinnen zu erforschen, neue Perspektiven auf vermeintlich Vertrautes einzunehmen, unsere Wahrnehmung zu schärfen, Nischen und Brachen zu untersuchen ebenso wie Plätze und Verkehrsknotenpunkte, Vorhandenes zu adressieren, und Neues hinzuzufügen, mit organischen und anorganischen Substanzen zu arbeiten und vieles mehr.