Forschungsschau zu deutsch-kolonialer Baukultur

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PD Dr.-Ing. Mag Michael Falser ist seit 2020 DFG-Heisenberg-Fellow an der Technischen Universität München (TUM) und forscht zu deutsch-kolonialer Architektur im globalen Kontext. Als Teil seines Drittmittelprojekts konzipierte der Architekt und Kunstgeschichtler nun die Ausstellung "Deutsch-koloniale Baukulturen. Eine globale Architekturgeschichte in 100 Primärquellen", die von 20.-30. April 2023 am Zentralinstitut für Kunstgeschichte München zu sehen ist.

Abbildung: Evangelische Kirche mit Pfarrhaus. Dar-es-Salaam/Deutsch-Ostafrika (um 1910), Postkarte (Quelle: Privatsammlung).

Von ca. 1880 bis 1920 gehörte das damalige Deutsche Reich zu den Kolonialmächten Europas. Das Kolonialgebiet umfasste Territorien auf drei Kontinenten: in Afrika (Deutsch-Südwestafrika, Kamerun, Togo, Deutsch-Ostafrika), Ostasien/China (Kiautschou/Tsingtau) und Ozeanien (Deutsch-Neuguinea, Mikronesien bis Samoa). Mit großer Brutalität unterdrückten deutsche Kolonist*innen die Bewohner*innen der besetzten Länder und hinterließen bis heute sichtbare Spuren – auch in der Architektur.

Die Ausstellung im Zentralinstitut für Kunstgeschichte präsentiert erstmals eine globale Architekturgeschichte der deutschen Kolonialzeit. „Global“ meint hier, koloniales Bauen in den deutschen Kolonien in Afrika, Ostasien/China und Ozeanien als ein über mehrere Kontinente ausgebreitetes architektonisches Programm gesamtheitlich zu fassen, welches auch im Deutschen Reich selbst rezipiert wurde.

Das, was die Ausstellung bewusst als „koloniale Baukulturen“ im Plural tituliert, bezieht sich dabei auf die gesamte Bandbreite des deutsch-kolonialen Bauens – von der einzelnen Gouverneursvilla über Militäranlagen, Missionsstationen und Siedlungen bis zu Muster- bzw. Planstädten und ganzen Kultur- und Infrastrukturlandschaften. Berücksichtigt wird aber auch koloniales Vor- und Parallelwissen über die Regionalkulturen vor Ort und jener kulturellen Taxonomien und zivilisatorischen Visionen der Kolonisatoren, die wiederum architektonische Stilauswahl und bauliche Repräsentationsstrategien beeinflussten.

Die Ausstellung rückt kolonialzeitliche Primärquellen ins Zentrum und geht dabei der Frage nach, wie Printmedien der Zeit – von der kolonialen Tagespresse zum architektonischen Fachjournal, von Reiseberichten und Ratgebern bis zu (Auto-)Biografien  deutscher Kolonist*innen – deutsche Kolonialarchitektur ‚in Wort und Bild setzten‘. Der Fokus liegt dabei auf den visuellen Belegstücken mit explizitem Architekturbezug: Pläne, Zeichnungen, Karten, Detailskizzen, Fotografien, künstlerische Darstellungen bis Werbegrafik. Die Ausstellung präsentiert aber auch rare und spezielle Materialien wie Filme, Diapositive für Lichtbildvorträge, Stereobilder, Gemälde für Panoramen oder Schulwandbilder.
Kommentiert wird die Ausstellung durch einen Katalog mit insgesamt 100 Fallstudien.

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