„Der Hausbau ist Speculationssache geworden und zwar in jüngerer Zeit in München mehr, als irgendwo. Nun handelt es sich darum das Capital so fruktificirlich als möglich zu machen.“ (1)

Dieses Zitat von Eduard Fentsch, aus seiner Ethnografie des Königreiches Bayern, beschreibt die Wohnungssituation in München um das Jahr 1823. Damals wurde der offenen „Bauweise [...] Einhalt geboten“, um einerseits „den städtischen Charakter für die äusseren Theile Münchens zu retten“ (2). Andererseits war das „Wachsthum Münchens im Laufe dieses Jahrhunderts [...] ein so überraschendes, daß es über aller Voraussicht und Berechnung lag“ (3), weshalb eine dichtere, geschlossene Bauweise begünstigt wurde.

Fast 200 Jahre später steht die Stadt München vor einem ähnlichen Problem, wenngleich Prognosen und Berechnungen nun deutlich konkreter sind. Der Demografie Bericht der Landeshauptstadt München (2017) prognostiziert für den Zeitraum bis 2040 einen Anstieg der Bevölkerung um rund 400.000 Einwohner, auf 1.85 Millionen.

Diese Master Arbeit von Max Jospeh Panhans und die Forschungsarbeit am Lehrstuhl EUD soll die Frage klären, ob innerstädtische Gebiete, die in der offenen Bauweise errichtet wurden, ein Nachverdichtungspotenzial bieten. Doch vorweg: was versteht man unter der offenen Bauweise?

Die Staffelbauordnung, der erste städtebauliche Masterplan für München, regelte von 1904 bis 1979 die Bebaubarkeit von Grundstücken in der Stadt. Sie unterscheidet zwischen zwei grundliegenden Arten der Bebauung: der offenen Bauweise und der geschlossenen Bauweise. Unter der geschlossenen Bauweise versteht man Gebäude, die ohne seitlichen Grenzabstand zum Nachbarn errichtet werden - hier schließen Gebäude mit Brandwänden aneinander an. In der offenen Bauweise gibt es einen seitlichen Abstand zur Parzellengrenze. Diese Abstandsfläche zwischen zwei Gebäuden wird auch Bauwich genannt und ist das Kernelement dieser Untersuchung.

Zu Beginn der Arbeit wird ein Blick auf die historische Entwicklung der offenen Bauweise gelegt, da diese (wie das Zitat von Eduard Fentsch zeigt), schon lange vor dem Staffelbauplan praktiziert wurde. Bei dieser historischen Betrachtung liegt stets der Fokus darauf, welche der beiden Bauweisen in den jeweiligen Zeiträumen die vorherrschende war und weshalb. Komplexe historische Entwicklungen werden hier deshalb lediglich stark vereinfacht dargestellt.

Diesem historischen Überblick folgt eine Analyse des Nachverdichtungspotenzials, wobei der Fokus vorwiegend auf einem Gebiet im Westend liegt. Abgesehen von dem reinen Flächenpotenzial werden auch Aussagen zu den verschiedenen Formen der offenen Bauweise getroffen und diese anhand von konkreten Situationen in Bezug auf ihr Potenzial evaluiert. Die Studie zusammenfassend wird der Blick auf andere Stadteile ausgeweitet und die Methode der Nachverdichtung hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das Stadtbild illustriert.

(Text: Max Joseph Panhans)

 

1 Fentsch, zit.n. Rattelmüller, 1989, S. 98.
2  Ebd., S. 36.
3  Ebd., S. 100f.