TRR 277 - Transregio AMC: Additive Fertigung im Bauwesen
Die Herausforderung des großen Maßstabs

Der SFB/Transregio TRR 277 hat zum Ziel, die Additive Fertigung (3D-Drucken) als neuartige digitale Fertigungstechnologie für das Bauwesen grundlegend zu erforschen. Bei der Additiven Fertigung erfolgt der Aufbau eines Bauteils allein durch den digital gesteuerten schichtenweisen Werkstoffauftrag, ohne vorangehenden Formenbau oder nachlaufende Umformprozesse. Dies stellt einen Paradigmenwechsel zu den vielfach handwerklichen Bauprozessen dar, die geprägt sind von traditionellen, überwiegend manuellen Bautechniken mit Systemschalungen beim Betonbau und standardisierten industriell gefertigten Halbzeugen beim Stahl-, Holz- und Mauerwerkbau. In Folge der tradierten Bautechniken stagniert die Produktivität in der Bauwirtschaft seit Jahrzehnten. Darüber hinaus begünstigen die standardisierten Schalungen und Halbzeuge eine ineffiziente Materialausnutzung, was - vor dem Hintergrund des enormen Ressourcenbedarfs im Bauwesen - erheblich zu den globalen CO2-Emissionen beiträgt. In dem interdisziplinären, standortübergreifenden Forschungsvorhaben verfolgen die beiden Universitäten TU Braunschweig und TU München den für das Bauwesen neuartigen Fertigungsansatz,  mit Hilfe der Additiven Fertigung Material nur dort einzusetzen, wo es eine Funktion erfüllt. Damit wird der Weg bereitet für eine neue Gestaltungsfreiheit im Bauwesen bei gleichzeitigem ressourceneffizientem Einsatz von Baustoffen. Da die Bauwirtschaft weltweit einer der größten CO2-Emittenten ist, wird die hocheffiziente Nutzung von Ressourcen im Bauwesen zukünftig von globaler gesellschaftlicher Bedeutung sein.

 

Neben diesem neuen Fertigungsansatz hat die Additive Fertigung das Potenzial, sich zu einer Schlüsseltechnologie für die Digitalisierung der Bauwirtschaft zu entwickeln. Um dieses Potenzial voll auszuschöpfen, müssen Strukturdesign, Materialverhalten und Fertigungsprozesse grundlegend neu und vor allem zusammenwirkend gedacht werden. Während in anderen Industriezweigen die additive Fertigungstechnologie bereits zur seriellen Produktion eingesetzt wird, gibt es bei der Überführung in die Bauwirtschaft  noch grundsätzliche Herausforderungen zu lösen: Erstens, der Transfer von AM-Technologien in den großen Maßstab des Bauwesens; zweitens, die notwendige Material-und Prozessvielfalt, die durch die komplexen funktionalen Anforderungen an ein Gebäude bestimmt wird; und drittens, der erforderliche hohe Grad an Individualisierung und Flexibilität beim Bauen. Aus diesen Herausforderungen resultieren komplexe Forschungsfragen zu Werkstoff, Verfahrenstechnik, Steuerung, Modellierung, Design und Konstruktion, welche in interdisziplinären Teams von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Bereichen des Bauwesens und des Maschinenbaus erforscht werden.

Das Arbeitsprogramm des TRR 277 wird von zwei grundlegend neuen Forschungsansätzen geleitet:

 

1. Material- und Prozesskombinationen.

Als zentrales Thema des Forschungsprogramms werden Material- und Prozessabstimmung als untrennbare Einheiten bei der Additiven Fertigung betrachtet. Alle A-Projekte verfolgen daher den Ansatz, Strukturdesign, Materialverhalten und Fertigungsprozesse integrativ zu erforschen. Im zentralen Projektbereich A „Materials and Processes“ sind die Material- und Verfahrenskombinationen von Beginn an offen angelegt und nicht auf einzelne Materialien und/oder Verfahren beschränkt. Der Projektbereich B "Modelling and Control" stellt durch die konsequente Rückkopplung der A-Projekte mit numerischen Simulationen und Prozesssteuerungsstrategien die Robustheit und Automatisierung der Additiven Fertigungsprozesse sicher.

 

2. Die durchgängige Digitalisierung im Bauwesen.

Die durchgängige Digitalisierung ist von entscheidender Bedeutung für die erfolgreiche Einführung der Additiven Fertigung im Bauwesen. Projektbereich C „Design and Construction“ erforscht daher von Anfang an die digitalen Schnittstellen zu den vorlaufenden Planungsprozessen sowie den nachlaufenden Prozessen der Bauausführung. Die Interaktion zwischen digitalen Modellen und physischen Objekten bildet die methodische Verbindung des TRR 277 und ist Grundlage für die Vernetzung zwischen den Projektbereichen A, B und C. Die Vernetzung über die Projektbereiche hinweg wird durch die kontinuierliche Herstellung großformatiger Demonstratoren und ihre digitalen Zwillinge realisiert.

Die TU Braunschweig und die TU München verfügen über langjährige Erfahrungen in der interdisziplinären und standortübergreifenden Forschung zur Additiven Fertigung im Bauwesen. Die an beiden Universitäten vorhandene exzellente Forschungsinfrastruktur und die sich ergänzenden Expertisen bilden die Grundlage für den Forschungsverbund und fördern die strategische Entwicklung beider Universitäten. Der TRR 277 verspricht ein hohes Maß an nationaler und internationaler Sichtbarkeit und will gemeinsam mit anderen nationalen Forschungsinitiativen einen wichtigen Beitrag zur Digitalisierung der Bauindustrie leisten.