Dr. Kristina Katrin Holl: Der Einfluss von Klimaschwankungen auf Kunstwerke im historischen Kontext Untersuchung des Schadensrisikos anhand von restauratorischer Zustandsbewertung, Laborversuchen und Simulation

Zur Beurteilung der Auswirkung von klimatischen Schwankungen auf Kunstwerke im historischen Kontext wurden drei Methoden miteinander kombiniert: Restauratorische Zustandsuntersuchungen, Laborversuche und hygrothermische Simulation.

Leinwandgemälde und gefasste Holzoberflächen wurden an vier Fallstudien hinsichtlich klimatisch bedingten Schäden untersucht und deren Erhaltung über einen Zeitraum von ca. drei Jahren überprüft. Um die gefun - denen Schäden mit klimatischen Schwankungen korrelieren zu können, wurden möglichst originale Ausstat - tungen in historischem Umfeld gesucht, wo die Klimabedingungen bisher nicht grundlegend geändert wur - den (Schloss Linderhof und Königshaus am Schachen). Der Hochaltar von St. Margaretha in Roggersdorf und die Seitenaltäre der Renatuskapelle in Schleißheim sind weitere Fallstudien, bei denen die Klimageschichte seit der letzten Restaurierung / Sanierung bekannt ist, so dass auch hier die Reaktion auf klimatische Schwan - kungen abzulesen ist. Das Raumklima der Fallbeispiele wurde gemessen und analysiert. Risikoprognosen aus den Klimadaten, die anhand von Schadfunktionen für die jeweilige Ausstattung gegeben werden, wurden mit dem tatsächlichen Erhaltungszustand abgeglichen.

Vorgaben aus der Literatur sowie bei den Fallstudien vorgefundene klimatische Schwankungen wurden mo - difiziert im Klimaschrank nachgestellt, um deren Wirkung auf Kunstwerke anhand von Dummies und vorgeal - terten Kunstwerken zu ermitteln. Neben der Untersuchung von mikroskopisch sichtbaren Schäden wurde v.a. die Änderung des Gewichts aufgrund von klimatischen Schwankungen untersucht, um so das Schadenspo - tential von unterschiedlichen Materialverbünden einordnen zu können.

Erkenntnisse aus beiden Methoden flossen in die Wahl von Szenarien ein, die anhand der hygrothermischen Simulation mit dem Programm WUFI ® Pro nachgestellt wurden. Letzteres wurde erstmals eingesetzt um die Temperatur- und Feuchteverteilung, die sich in den einzelnen Schichten von Kunstwerken einstellt, zu unter - suchen. Dazu wurden die Kenndaten von Materialien, die für die Herstellung von Leinwandgemälden und gefassten Holzoberflächen erforderlich sind (Träger, Grundierung, Malschicht, Überzug), ermittelt. Der Ab - gleich von gemessenen und simulierten Daten erfolgte durch die erhobenen Messdaten vor und hinter einem Leinwandgemälde, das in unterschiedlichen Abständen zu einer ungedämmten Außenwand montiert wurde. Mit Hilfe der Simulation konnten Feuchtedifferenzen, die sich bei klimatischen Schwankungen in den einzel - nen Schichten des Materialverbunds einstellen, analysiert und daraus potentielle Schadensrisiken abgeleitet werden. Untersucht wurde zum einen, wie sich der Temperatur- und Feuchteverlauf der einzelnen Schichten im Materialverbund von Leinwandgemälden und gefassten Holzoberflächen an der Außen- bzw. Innenwand hängend, auswirkt. Zum Anderen wurden Fragen, die sich aus den Zustandsuntersuchungen ergaben, etwa die Auswirkung des Raumklimas auf die historische Ausstattung in Schloss Linderhof mit und ohne Lüftungs - anlage, mit Hilfe der hygrothermischen Simulation analysiert.

Gerade durch die Kombination der restauratorischen Untersuchungen mit Laborversuchen und der hygro - thermischen Simulation konnte die Auswirkung von klimatischen Schwankungen auf Kunstwerke vielschich - tig bearbeitet und aktuelle Klimavorgaben aus der Literatur und daran abgeleitete Auswertetools kritisch beurteilt werden.

 

Abstract

For the assessment of the impact of climatic fluctuations on artworks, three methods have been combined: in-situ investigation, laboratory experiments and hygrothermal simulation.

Climate induced damages on canvas paintings and painted and gilded wooden surfaces were examined by a conservational investigation on four case studies for three years. In order to be able to correlate the found damages to climatic fluctuations only case studies still housing its original furnishing without changing the historic climate have been chosen (Linderhof Palace, the King’s house on Schachen). The high altar in St. Margaretha in Roggersdorf and the side altar in the Renatus chapel in Schleißheim were used as case studies because the climate history since the last conservation treatment is known. So, new damages can be related to the climate as well. The indoor climate of the case studies was evaluated, and the risk predictions based on damage functions were compared with the found state of preservation of the historic furnishing.

Short term fluctuations, stated in literature and discovered on site were taken for the examination of token objects and aged artworks in the climate chamber. Microscopically visible changes as well as the change in weight due to changes in the climate were examined in order to investigate the vulnerability of different types of artworks. The findings of both methods were incorporated in the choice of scenarios, which have been adjusted with the hygrothermal simulation program WUFI ® Pro. This tool was used for the first time to examine the distribution of temperature and moisture in the single layers of an artwork. Therefore the characteristics of materials, used for artworks such as canvas paintings and painted wooden surfaces were determined in the laboratory. The validation of the hygrothermal simulation was done by an experiment, where a canvas painting was hung with different distances on an external wall. The temperature und relative humidity before and behind the picture as well as the temperature on the wall were measured and compa - red to the results from the simulation model. With the simulation programm differences in temperature and relative humidity in the different layers of an artwork were analyzed and out of that potential damages risks were deduced.

By the combination of the three methods, questions and assumptions from the conservational investigations could be pursued by the laboratory experiments and hygrothermal simulation. Thereby a better knowledge on the influence of climatic fluctuations on different types of artworks was received and current guidelines and damage functions gained from literature could be evaluated.