Materialität der Transparenz – Acrylglas im Außenraum zwischen Ästhetik und Materialerhalt

In der Denkmalpflege stellen sich aktuell vermehrt Erhaltungsfragen zu Kunststoffen, die in den Jahrzehnten vor, während und nach den Weltkriegen entwickelt, zur Vermarktung gebracht und eingebaut wurden. Diese zeigen heutzutage starke Alterungserscheinungen, die sowohl die Ästhetik als auch die Tauglichkeit als Konstruktionsteil negativ beeinträchtigen. Bauteilen aus Acrylglas wird generell eine kurze definierte Lebensdauer zugeschrieben, die sich an der von der Industrie ausgesprochenen Garantiedauer und dem meist trüben/verkratzten Erscheinungsbild misst. Da zudem vermeintlich günstig und schnell Ersatzmaterial produziert werden kann, wird die Signifikanz historischer Substanz außer Acht gelassen. Vielmehr ist von einer deutlich längeren Nutzbarkeit der Bauteile mit Acrylglas auszugehen, wie sie sich im Innenbereich in Museen schon gezeigt hat.

Das Dissertationsvorhaben geht der These nach, dass Acrylglas deutlich länger haltbar und – entgegen allgemeiner Annahmen – in seiner Materialität kulturell wertvoll und erhaltenswert ist. Es wird ein prozesshaftes Vorgehen von der Quellenrecherche und naturwissenschaftlicher Untersuchungsmethoden im Labor und in situ entwickelt, das die Art des Materials, die Konstruktion und den Zustand differenziert und somit Kriterien für Wert und Haltbarkeit definiert. Anhand von drei Fallstudien werden historische Bauteile aus Polymethylmethacrylat (PMMA) im Außenraum aus den 1930er bis 1970er Jahren in Deutschland in ihrer kulturellen Bedeutung erfasst werden, typische Zustände und Schadensphänomene benannt und klassifiziert, sowie konkrete Fragestellungen der Erhaltung erörtert. Auf Grundlage von Herstellungstechniken, Zusammensetzung, technischen Eigenschaften und Anforderungen und mechanisch-thermischen Verarbeitungsschritten werden materialimmanente Faktoren der Alterung dargelegt sowie äußere Faktoren, z.B. die Konstruktion und Umwelteinflüsse.

Das Ergebnis des Dissertationsvorhabens soll einen Beitrag leisten, die materielle und ästhetische Vielfalt von historischem transparentem Acrylglas zu erkennen, die Wertigkeit zu erfassen und Möglichkeiten aufzeigen, wie diese Gruppe von Kunststoffen in der Denkmalpflege untersucht werden sollte, um ihre Zusammensetzung, Zustand und Schäden festzustellen und Möglichkeiten der Erhaltung aufzuzeigen.

Susanne Brunner, Dipl.-Restauratorin (Univ.) TUM
seit 2020


Zugehöriges DBU-Forschungsprojekt
Erhaltungsstrategien für transparentes Polymethylmethacrylat (PMMA) in Architektur und musealem Kulturgut im Außenraum